Bauen in der Altstadt

Stadtansicht Martin Menradt 17. Jahrh.
Stadtansicht Votivbild 18. Jahrh.
Urbarialkarte 18. Jahrh.
Überplanung Altstadt Geisingen ab 1988

Alleinstellungsmerkmal Altstadt

CHANCEN UND MÖGLICHKEITEN EINER ALTSTADTSANIERUNG MIT HISTORISCHEM ANSATZ

Markus Uhrig Architekt

EINLEITUNG

In der Geisinger Stadtchronik aus dem Jahr 1964 ist als Bilduntertext zu lesen: " Ein letzter Überrest der alten Stadtmauer verbindet noch zwei Häuser miteinander."Mit dieser Chronik schuf August Vetter ein ausgezeichnetes Kompendium Geisinger Stadtgeschichte, das neben Grundrisskarten und Ansichten aus dem 17., 18., 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Grundlage meiner Überlegungen zur Altstadtsanierung waren.

 

STADTMAUER

Sanierung der Reste, sichtbar machen der Wehranlage.
Dennoch, der anfänglich zitierte Bilduntertext wirkt irritierend, dürften dem Autor doch auch andere Mauerabschnitte bekannt gewesen sein. Für mich Anlass, teils durch Augenschein, teils durch Begehung den tatsächlichen Bestand der historischen Stadtmauer zu ermitteln. Dieser kann mit ca. 300 m angenommen werden. Der Bestand ist in einer eigenen Zeichnung dargestellt und gibt den derzeitigen Zustand der einzelnen Mauerabschnitte an.

Ende der 1980er Jahre stellte ich erstmals Überlegungen an, wie man mit den nur sehr lückenhaften Mauerresten die alte Wehranlage wieder ablesbar und erlebbar machen könnte. Als erster Schritt sollten Anbauten im Stadtgraben, soweit sie nicht von historischer Bedeutung sind, wie etwa die Alte Gerbe, beseitigt werden, um den Verlauf der Stadtmauer sichtbar zu machen. Die Planung sieht vor, die Stadtmauerreste von Putz zu befreien. Die für die Geisinger Befestigungsanlagen typische Wartenberger Basaltsteinmauer von Stadtmauer, Toren, Türmen und Burgen soll steinsichtig renoviert und damit die Stadtmauer als solche kenntlich gemacht werden. Für die Lücken galt es, ein Element zu finden, das stellvertretend für die Stadtmauer, die Fehlstellen schliesst. Gewählt wurde eine Stahlkonstruktion, die an der Innenseite der Mauerreste aufgestellt wird und so von aussen die Stärke der Mauer ablesbar macht. Gleichzeitig ermöglicht diese offene Konstruktion die Belichtung dahinter liegender Räume. Das Stahlgerüst erlaubt unterschiedlichste Nutzungen, ohne sein Erscheinungsbild zu ändern und erzeugt so, zusammen mit den Mauerresten einen einheitlichen und eigenständigen Gesamteindruck.

 

STADTGRABEN

Geschichte
Die Stadtchronik zitiert aus dem Protokollbuch von 1702 den " grossen Zwingel oder Stadtgraben zwischen beeden gewesten äusseren mauren". Schon die Stadtansichten von 1680 und die Urbarialkarte von 1788 zeigen, dass der 2. Mauerring nicht mehr vorhanden war und vermutlich im 30 jährigen Krieg zerstört wurde. Nur in der Südostecke, zwischen Mühltor und Alter Gerbe besteht der als Zwinger bezeichnete zweite Mauerring. In diesem mussten die Bürger scharfe Hunde zur Bejagung von Wölfen halten, oder wurden entsprechend steuerlich veranlagt (Hundslege bzw. Hundsgeld). Im Übrigen ist der Stadtgraben, in beiden Ansichten, gut abzulesen. Auf einer Karte um 1900 ist deutlich der Wassergraben eingezeichnet. Im Südwesten floss er von der Hauptstrasse bis zur Gerbe und mündete via kleinem Durchlass in die Donau. In den 1940er Jahren wurde der Wassergraben verdohlt.

 

Neugestaltung und Zusammenspiel mit nach dem Stadtmauerkonzept realisierten Bereichen.
Während im Osten ab 1772, dann auch im Norden der Stadtgraben stark bebaut wurde, begann die Bebauung im Südwesten zum grössten Teil erst im 20. Jahrhundert mit meist einfachen landwirtschaftlichen Bauten. Für diesen Bereich sieht die Konzeption den Abbruch verzichtbarer Anbauten an die Stadtmauer vor. So konnte im Bereich (6) Bachgasse 10-14 durch den Abbruch von 2 grossen, nicht mehr genutzten Wiederkehren ein Bereich von ca. 45 m mittels 3 Mauerfragmenten (12 m) und dem verbindenden Stahlgerüst, das teilweise begrünt wurde, die Stadtmauerlinie wieder sichtbar gemacht werden. Im Stadtgraben wurde der Wassergraben geöffnet. Er wird von 4 Stegen überbrückt. Der 2. Mauerring wird von einer streng beschnittenen Hecke dargestellt.

 

(9) - BOGENGASSE 3 UND 5

Ende der 1950er Jahre wurde im Bereich Bogengasse-Wolfsloch eine grosse Lücke in die Stadtmauer gebrochen und statt dessen eine 4 spurige Strasse samt Grünstreifen in den Stadtgraben gebaut. In den 1990er Jahren wurden 2 Fahrbahnen zurückgebaut. Auf der gewonnenen Fläche wurde ein Wohngebäude errichtet. Mit bei den Aushubarbeiten gefundenen Stadtmauersteinen konnten 6 m der Mauer rekonstruiert werden. Der benachbarte Altbau (Bogengasse 5) wurde saniert. Ein zu Wohnzwecken genutzter Anbau an die Stadtmauer wurde abgerissen. Der Wohnraumverlust wurde durch den Dachausbau kompensiert. Hier konnte auf 40m ebenfalls mit 3 Mauerresten (6m rekonstruiert, 5m saniert) und dem Stahlgerüst die Stadtmauerlinie dargestellt werden. Besonders verbunden mit der Realisierung der ersten Bauvorhaben an der Stadtmauer, also (4) Bachgasse 2, (5) Bachgasse 12, und ( )Bogengasse 3 und 5, war der Altbürgermeister Hans Sorg. Die Richtigkeit seines Engagements wurde 1998 durch die Verleihung einer Auszeichnung der Universität Stuttgart bestätigt. Die Steg (Stadtentwicklung Südwest) hatte ein landesweites Preisausschreiben iniziiert. Der Preis war von dem damaligen Wirtschaftsminister Walter Döring überreicht worden. Die Verleihung wurde von der Jury wie folgt begründet: " Entlang der mittelalterlichen Stadtmauer in Geisingen ist ein mit hohem Anspruch und mit grossem Engagement durchgetragenes Sanierungskonzept vollzogen worden. Die in diesem Zusammenhang vorgestellten Einzelmassnahmen (Bachgasse 2, Bachgasse 12 und Bogengasse 3+5) zeigen grossen gestalterischen Anspruch und konzeptionellen Mut bei der Einfügung neuer Nutzungen in die für Ortsbild und Stadtgeschichte wichtigen Reste der ehemaligen Stadtmauer. Selbstbewusste, moderne Ergänzungen stellen den gelungenen Versuch einer Neuinterpretation der ehemaligen Begrenzung der kleinen Stadt dar."

 

WOLFSLOCH

Geschichte

Ausser dem Mühltor gab es im Süden eine 2. Öffnung in der Stadtmauer, das Wolfsloch. Hier wurden Abwässer aus der Hauptstrasse über die Bach.- und Hirschgasse kommend, mittels einer Pflasterrinne aus der Stadt heraus in den Wassergraben eingeleitet. Bis zu ihrer Ausrottung im Jahre 1805, sollen sich dort im Winter Wölfe von den angespülten Abfällen ernährt haben.

(8) Neugestaltung

Für das Wolfsloch wurde bereits die Pflasterrinne wiederhergestellt. Die Konzeption sieht weiter vor mit Stahlträgern den Bereich der Öffnung in der Stadtmauer zu symbolisieren. Der Wassergraben sollte geöffnet werden. Ein kleiner Brunnen könnte die Rinne mit Wasser speisen und so die Mündung der Abwässer in den Wassergraben darstellen. Eine doppelreihige Allee kleinwüchsiger Schirmplatanen würde diesen Bereich mit einem grünen Dach versehen.

 

(10) MÜHLTOR

Geschichte

Das Mühltor war der südliche Zugang zur Stadt. Noch bis 1752 wurde das Tor geöffnet und geschlossen. Gleichzeitig war es neben dem Wolfsloch, ein zweiter Mündungs- bereich der Wasserrinne in den Wassergraben. Heute sind von dem Tor die hölzerne Toreinfassung und links und rechts Mauerreste, die farblich von den benachbarten Häusern abgesetzt und mit Biberschwanzziegeln gedeckt sind, vorhanden. Lange war das Mühltor ein sehr beliebtes Motiv für Künstler und Fotographen. Heute ist dieses Motiv stark bedroht. Nach dem Abriss klafft nord-östlich des Tores eine grosse Lücke. Entscheidend für eine stimmige Wiederherstellung der Blickachse Mühltor - Kirchturm wird sein, ob es gelingt dort einen Neubau zu platzieren, der in Massstab und Formsprache dem Ort angemessen ist. Gerade dieser Bereich lädt dazu ein mit einer erzählenden Architektur die lange Geschichte der Stadt lebendig werden zu lassen. So gibt das Urbar mit Karte die Lage der alten Kaplanei nördlich des Rentamts an. Nordwestlich des Mühltors, soll sich eine Annakapelle befunden haben. In dem Haus fand man Fresken, die das Abendmahl darstellten. Ein Umstand, der diese Theorie erhärtet.

Neugestaltung

Die Konzeption sieht vor entlang dieser Blickachse Orte zu schaffen, die zum Verweilen einladen. Im Süden, an der Stelle also, die einst Motiv für Maler und Photographen war, eine Brunnenanlage mit Sitzgelegenheiten zu errichten und unterhalb des Kirchturms, eine Plattform, die den Blick in entgegengesetzter Richtung geniessen lässt und von Süden gesehen, den Blick zum Kirchturm fokusiert.

 

STADTMAUERECKEN

Stadtschloss (1)

Historisches

In der Nordwestecke stand das alte herrschaftliche Schloss. Es wird in den historischen Stadtansichten als 3-geschossiger, imposanter Bau mit Staffelgiebel dargestellt. Das Schloss war wohl von den Grafen von Fürstenberg erbaut worden und ging später in den Besitz der Kripp von Freudenegg über. Nach dem Verkauf durch den letzten Erben der Familie Kripp, werden im Urbar aus dem 18. Jahrhundert 4 Eigentümer genannt. Im 19. Jahrhundert begann die Stadt mit dem Erwerb des Schlosses. 1836 hatte sie bis auf eine Einheit das Schloss erworben und richtete in ihrem Anteil ein Armenhaus ein. 1849 zerstörte ein verheerender Brand, bei dem 13 Menschen ums Leben kamen, das Schloss. 1850 erfolgte der Wiederaufbau an gleicher Stelle, allerdings nur noch 2 geschossig und statt Staffelgiebeln erhielt das neue Armenhaus ein Mansarddach. Ab 1890 begann man das Armenhaus nach und nach zum Krankenhaus umzubauen. In den 1950er Jahren wurde das Krankenhaus in den Stadtgraben Richtung Norden erweitert, wobei der Anbau dem Hauptgebäude völlig angeglichen wurde. Damit ist diese Stadtmauerecke nicht mehr ablesbar. Nach der Schliessung des Krankenhauses wurde in den 1990er Jahren eine Sozialstation und mehrere Appartements mit betreutem Wohnen eingerichtet.

 

Neugestaltung

Um die Dreigeschossigkeit wieder herzustellen wird vorgeschlagen den Stadtgraben auszuheben bis auf die Kellersohle des bestehenden Kellergeschosses. Damit wäre dieses voll belichtet und auch zu Wohnzwecken nutzbar. Im Bereich des Westgiebels des ehemaligen Schlosses könnte ein stilisierter, dann 3 geschossiger Staffelgiebel die Lage des Schlosses markieren und das Stadtschloss als Silhouette symbolisieren. Der Giebel wäre 2 - 3 m von dem jetzigen Bau Richtung Westen abgerückt. Der mittlere Bereich wäre ausgeschnitten und böte so Platz für grosszügige Balkone. Wohl wissend, dass damit nicht die Nordwestecke der Wehranlage entstehen würde, könnte dieser Giebel die Geschichte des Stadtschlosses lebendig werden lassen und wäre zusammen mit der Richtung Hauptstrasse vorgesehenen Planung siehe Schlossstrasse 22 (2) und Untertor (3) ein wichtiger Baustein zur Gestaltung der westlichen Einfahrt in die Altstadt.

 

SCHLOSSSTRASSE 22 (2)

Geschichtliches

Die Sanierungsarbeiten der 1990ger Jahre ergab, dass das Gebäude ursprünglich insgesamt ein Ökonomiegebäude war. Damit war es wahrscheinlich der Ökonomieteil des in den 1950ger Jahren abgerissenen Wohngebäudes, das bis zum Untertor reichte. Schon das Urbar mit Urbarialkarte von 1788 belegen, dass die Scheune vom Wohnteil abgetrennt war. Vermutlich war schon zu diesem Zeitpunkt eine Wohnung eingebaut worden. Der Rest blieb Scheune bzw. Stallung. Die Grösse des Gesamtgebäudes, die Orientierung des Wirtschaftsgebäudes zum Schloss legen die Vermutung nahe, dass das Gebäude das Haus des Schlossverwalters (Schlossvogt) war. In der Chronik belegt ist der Kastenvogt. In den 1950ger Jahren machte der zunehmende Verkehr die Beseitigung des "Engpasses", also die Verengung der Hauptstrasse im Bereich Untertor (3), nötig, - der Wohnteil wurde abgerissen. Im Moment ist dieser Bereich von Westen her gesehen von einem Wohn,- und einem Bürogebäude, im Stil der 1950er Jahre geprägt. Das Bürogebäude ist direkt der Stadtmauer vorgelagert.

Neugestaltung

Längerfristig ist geplant die Gebäude aus den 1950er Jahren abzureisen und das bereits von der Innenseite sanierte ca. 18m lange Stadtmauerfragment auch von aussen zu sanieren. Der Stadtgraben soll auch hier tiefer gelegt werden. Damit wäre der 2. Baustein für die historische Stadteinfahrt West gesetzt.

 

UNTERTOR (3 )

Geschichte

Das Untertor war die westliche Einfahrt in die Stadt. Die Chronik zitiert ein Gutachten von 1844. Darin wird die Tordurchfahrt beschrieben. Sie soll aus 2 halbkreisförmigen Bögen bestanden haben. Diese sollen 10,5 Schuh( ca. 3,15m ) breit und im Scheitel 12 Schuh (ca. 3,6m) hoch gewesen sein. In der Durchfahrt befand sich eine schmale Blocktreppe, die zu "2 dürftigen Gelassen" führte. Zu dem Zeitpunkt waren die Räume Wohnung armer Leute, früher wohl Aufenthaltsräume für eine kleine Wachmannschaft. Die geringen Dimensionen des Tores behinderten den Transportverkehr schwer. 1846 wurde das Tor nach jahrelangen Verhandlungen abgebrochen. An der Hauptstrasse 54 zeichnet sich am Nordgiebel noch deutlich der Giebel des Tores ab. Bei der Sanierung des Gebäudes wurde festgestellt, das auch er, wie die Stadtmauer, aus Basaltsteinen besteht.

Neugestaltung

Der 3. Baustein der Altstadteinfahrt West sollte der Wiederaufbau des Stadttores sein, auch hier unter Zuhilfenahme des Stahlgerüstes. Es könnte die Geschichte des Tores erzählen. Ein hölzerner Aufsatz könnte Räumlichkeiten mit Blick in die Hauptstrasse bieten.

 

PULVERTURM (7)

Geschichte

Bis in die 1940ger Jahre bildete der runde Pulverturm die markante Südwestecke der Stadtbefestigung. Kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges wurde die Ruine des Pulverturmes abgerissen. Heute ist dieser Bereich teilweise überbaut.

Neugestaltung

Die momentanen Eigentumsverhältnisse lassen die Realisierung einer Neugestaltung nicht zu. Man wird hier einen besonders langen Atem brauchen. Die 1250-jährige Geschichte rechtfertigt es Überlegungen anzustellen, deren Verwirklichung, wenn überhaupt, in ferner Zukunft liegen dürften. Geplant ist den Stadtgraben in diesem Bereich tiefer zu legen, in der Hoffnung auf die Fundamente des Pulverturms zu stossen. Das Stahlgerüst würde an der Innenseite des Fundamentes errichtet. Eine Wendeltreppe würde zu einer Aussichtsplattform in ca. 15m Höhe führen, von der man einen Blick in die Altstadt, auf die Donau und den Wartenberg hätte. Das Stahlgerüst wäre auch hier teilweise begrünt. Diesen Abschnitt zeichnen also besonders viele Konjunktive aus, hat aber auch den Reiz die Südwestecke der Befestigungsanlage wieder darstellen zu können, mit den dargestellten Aussichtsmöglichkeiten, - ein innerstädtischer Platz mit hohem Potenzial.

 

ALTE GERBE (11)

Geschichte

beide historischen Stadtansichten 17. und 18. Jahrhundert zeigen das Hauptgebäude als zur südlichen Stadtmauer giebelständiges und nach Osten traufständiges Gebäude, das die Stadtmauer um 2 Vollgeschosse überragte. Damit bildete sie die markante Südostecke der Befestigungsanlage. Besonders hervorgehoben wird dieser Mauerabschnitt durch die vorgelagerte Zwingermauer, die sich von der Gerbe bis zum Mühltor erstreckte. Erst Ende 18.- Anfang 19. Jahrhundert wurde die eigentliche Gerberei in den östlichen Stadtgraben angebaut. Darüber hinaus wurde nordöstlich ein Ökonomiegebäude errichtet, an das sich Richtung Westen, also innerhalb der Stadtmauer ein weiteres Gebäude anschloss, sodass die Stadtmauer in diesem Bereich völlig überbaut war. Mit dem Abbruch der beiden letzt genannten Gebäude im Jahre 2008, wurde auch dieser Mauerabschnitt abgerissen. Heute zeigt sich die Gerbe baulich in einem guten Zustand. Von der Zwingermauer sind noch kleine Reste vorhanden. Die Stadtmauer nördlich der Gerbe, der grösste freistehende Teil der Stadtmauer, ist in einem beklagenswerten Zustand. Allerdings konnte in einem kleinen Bereich ( 12 ) durch das Engagement des Eigentümers Rolf Degen gezeigt werden, dass eine Sanierung möglich ist. Der starke Efeubewuchs konnte entfernt werden, die losen Steine mit Kalktrass neu vermauert und die Fugen neu verfugt werden. Bei der Entfernung des Efeus wurde festgestellt, dass grosse Teile der Mauer noch eine alte Mönch-Nonne Ziegeldeckung aufweisen. Diese Ziegel wurden nachgebrannt. Mit den neuen Ziegeln wurde der etwa 10m lange, sanierte Abschnitt gedeckt. Alle Baumaterialien incl. der neuen Ziegel wurden von der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt. - Das Ganze, ein Lehrbeispiel für die noch unsanierten Mauerbereiche?

 

KASTEN (13)

Der Kasten bildete die Nordostecke der Stadtanlage und war durch seine Grösse, ebenso wie die anderen Eckegebäude, ein sehr markantes Gebäude. In der Chronik wird es mit 109 Schuh Länge (1 Schuh =ca. 30 cm), 45 Schuh Breite und 54 Schuh Gesamthöhe angegeben und war damit in etwa doppelt so lang wie das 2. Abgabengebäude, die Zehntscheune. Richtung Westen ist die "Hagenscheune" angebaut, ein Gebäude, das bis Heute sein Erscheinungsbild weitgehend erhalten konnte. 1837 endeten die Zehntabgaben. Der Kasten wurde in 2 Hälften geteilt und verkauft. Ende der 1980- ger Jahre wurde die östliche Hälfte abgerissen. Damit ging nicht nur ein stadtbaugeschichtlich wichtiges Gebäude verloren, sondern auch die letzte sichtbare Stadtmauerecke.

 

STADTBRUNNEN (14-17)

Historisches

Die Brunnen in der Hauptstrasse haben eine lange Geschichte. Das bislang älteste Zeugnis dieser Geschichte ist ein Fund, den man bei Bauarbeiten machte. In der Höhe des Gasthof zum Hecht fand man die Reste eines rund gemauerten Ziehbrunnens. Ein anderer Zeitzeuge aus dem 18. Jahrhundert, ist wieder einmal die Urbarialkarte. In der Hauptstrasse sind 3 Brunnen dargestellt, vermutlich die Vorgängerbrunnen der Heute noch existierenden. Sie waren in etwa so gross wie diese. Das Material und sonstige Details der damalige Brunnen sind nicht bekannt. Standorte waren im Bereich „Hecht“/Vetter, vor der „Krone“, vor dem Haus östlich des Schleckermarkts bzw. 2 Häuser östlich des Vorgängerbaus „Falken“.

Am Postplatz stand ebenso ein gleich grosser Brunnen und zwar in der Südwestecke. Die Nachfolgebrunnen entstanden ca. 1860 in der Giesserei in Bachzimmern. Alle Brunnen haben in der Mitte eine gusseiserne Säule, die von einer Figur gekrönt wird. Die Figuren sind farblich gefasst. Die Brunnen bestechen nicht nur durch ihre handwerkliche Ausführung, sondern auch durch ihre Grösse. Entlang der Hauptstrasse messen sie ca. 6m x 1,4m. Die Grösse hat nicht nur repräsentative Gründe, sondern ist auch ihrer Funktion geschuldet, sie waren die öffentlichen Viehtränken der Stadt und zwar nicht nur für das Grossvieh, sondern auch für das Kleinvieh. Deshalb hatte jeder Brunnen einen kleinen Beibrunnen. Ein solcher ist in der Bachgasse aufgestellt worden. Ein weiterer befindet sich in Privatbesitz. Die Brunnen wurden mit Frischwasser gespeist, das über die Pflasterrinnen abfloss. Neben dem Unterbrunnen (Notburgabr., 17), dem Oberbrunnen ( Knabe mit Füllhorn ,15), verdient der Mittlere Brunnen ( Agathabr.,16) besondere Aufmerksamkeit. Die Heilige Agatha ist seit dem grossen Stadtbrand im 15. Jahrhundert Schutzheilige der Stadt. Der Sage nach holten die Geisinger in ihrer Verzweiflung die Figur der Heiligen aus der Stadtkirche und stellten sie auf die Hauptstrasse. Daraufhin sei der Brand erloschen. Wenn man sich den historischen Standort vor dem Gasthaus Krone vergegenwärtigt, so dürfte er in etwa dem Ort des damaligen Geschehens entsprechen. Die Situation Heute: die Pflasterrinnen sind wiederhergestellt. Von den Brunnen ist nur einer mit Bezug zu den Rinnen in der Hauptstrasse aufgestellt worden, nämlich der Notburgabrunnen, allerdings nicht an seinem historischen Standort vor dem Haus Vetter, sondern vor der Krone also dem historischen Standort des Agathabrunnens. Der Agathabrunnen steht in der Schlossstrasse , der Oberbrunnen (Knabe mit Füllhorn) wurde unsaniert in der Zehntscheune eingelagert. Der Ochsenbrunnen (14), einst die Zierde des Postplatzes, wurde in die anschliessende Grünanlage verlegt und ist in einem beklagenswerten Zustand. Das harmonische Zusammenspiel der Brunnen ist Heute nicht mehr gegeben. Die Massierung der Brunnen entlang der Hauptstrasse war nicht nur zum Zeitpunkt der Aufstellung beeindruckend, sondern könnte es auch Heute wieder sein. Im Bereich der Altstadt können noch ca. 20 weitere Brunnenstandorte belegt werden.

 

SCHLUSSWORT

Das Vorwort galt der Chronik von 1964, schliessen möchte ich Bezug nehmend auf das Vorwort unseres Bürgermeisters Walter Hengstler in der neuen Chronik von 2014, insbesondere auf das Zitat, das Herr Hengstler seinem Vorwort voranstellte: „Wer die Vergangenheit kennt, hat die Zukunft“ (Wilhelm v. Humboldt). Nichts steht mehr für die Vergangenheit Geisingens, als die Altstadt. Innerhalb der Stadtmauern entwickelte sich die Stadt bis ins 19.Jahrhundert. Unsere Vergangenheit wurzelt also tief im Boden der Altstadt. Wer mit allen Sinnen durch die Altstadt geht wird auf Schritt und Tritt mit der 1250 jährigen Geschichte konfrontiert. - Oft wird die Entwurzelung vor allem der Jugend beklagt.- Eine gepflegte Altstadt ist nicht ein Ort der X-Beliebigkeiten, sondern man kann fühlen, dass sie über Jahrhunderte gewachsen ist. Die Altstadt kann also auch ein Ort sein, in dem die eigenen Wurzeln am besten erfahrbar sind. Nur wenn wir die Vergangenheit als Herausforderung und Chance begreifen wird sie uns "in eine gute Zukunft weisen“ können.

Weitere Projekte

Stadtmauerhäuser
Bogengasse / Grünwinkel
KiGa Alte Gerbe
Stadtreparatur Postplatz / Ochsen
Rathauserweiterung Geisingen
Untertor
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